Unser liebes Geld


Bankentürme, die Kathedralen unserer Zeit,
vorn die EZB, hinten die Geschäftsbanken,
umgeben von den Gebäuden ihres Publikums,
 privaten und öffentlichen Haushalten, Firmen.

Finanzkrise, Schuldenkrise, Eurokrise ....
Dieselbe Ursache?

Geldschöpfung und -zerstörung außer Kontrolle
Die meisten Menschen gehen davon aus, dass eine staatliche Institution die Geldmenge in unserem Währungsraum, der Eurozone, kontrolliert. Sie gehen davon aus, dass unser Geld in erster Linie ein Tauschmittel ist, welches von einem Menschen zum anderen bei jedem Kauf von Hand zu Hand weitergereicht wird. Sie nehmen an, dass die Geldmenge in etwa konstant bleibt. So hat Geld funktioniert und kann es funktionieren, aber in unserem "Banksystem der Mindestreserve mit multipler Geldschöpfung" funktioniert Geld gar nicht so, oder nur in einem kleinen Ausmaß. Stattdessen haben wir ein System, in welchem Geld ständig neu geschaffen und wieder zerstört wird.

Die Geldschöpfung:
Wenn ich 1000 € leihen will, unterschreibe ich einen Kreditvertrag bei einer Bank. Die Bank eröffnet ein Kreditkonto auf meinen Namen und trägt 1000 € auf dies Konto ein. Sie muß hierfür kein Geld, welches ihr von Sparern anvertraut wurde, auf mein Kreditkonto übertragen, sondern sie erschafft durch einfaches Eintippen von Zahlen in ihren Computer Giralgeld, welches vorher nicht existierte. Mit diesem Giralgeld kann ich per Überweisung, Scheck oder Kreditkarte bezahlen. Hierfür muss ich eine Bearbeitungsgebühr und dann laufend Zinsen an die Bank zahlen. In unseren modernen Volkswirtschaften sind weniger als 10% des Geldes in Form von Banknoten und Münzen im Umlauf, mehr als 90% ist Giralgeld.

Geldkreislauf:
Diese 1000 € Giralgeld können frei zirkulieren. Ich und nach mir viele andere Menschen kaufen und verkaufen damit, bevor es wieder zerstört wird. Je schneller das Geld von Hand zu Hand geht - Giralgeld von Bankkonto zu Bankkonto wechselt -  sich gleichzeitig Waren und Dienstleistungen austauschen, desto förderlicher für den allgemeinen Wohlstand.

Geldzerstörung:
Nur die wenigsten Menschen wissen davon. In dem Moment, wenn ich meinen Kredit getilgt habe, verschwindet dies Giralgeld wieder ins Nichts.


Die Geldmenge in diesem System ist wie ein riesiger Luftballon. Jeder neu geschaffene Kredit pumpt Luft in den Ballon, der sich weiter aufbläht. Jede Tilgung eines Kredits läßt Luft ab, der Ballon schrumpft. Die Geschäftsbanken haben grundsätzlich Interesse daran, diesen Geldballon stetig zu vergrößern, da sie, je größer er ist, um so mehr Zinsen verdienen. Die europäische Zentralbank versucht die Größe des Geldballons im Gleichschritt der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung zu halten, damit der Geldwert stabil bleibt, indem sie den Zinssatz (Leitzins) für unbares Zentralbankgeld erhöht oder senkt. Unbares Zentralbankgeld benötigen Geschäftsbanken für den Interbanken-Zahlungsverkehr und für den Zahlungsverkehr mit der Zentralbank. Unbares Zentralbankgeld gelangt nie in den Publikums-Geldkreislauf. Trotzdem halten die Zentralbank und viele Wirtschaftswissenschaftler an der Idee fest, mit dem Leitzins für unbares Zentralbankgeld die Geldmenge in der realen Wirtschaft regeln zu können. Eine Illusion.

Warum Mindestreserve"?
In der Eurozone muß eine Bank derzeit (2013) mindestens 1% an Zentralbankgeld oder entsprechende geldwerte Sicherheiten (z.B. Staatsanleihen) bei der Zentralbank für das Giralgeld hinterlegen, welches sie durch einen Buchungsakt geschaffen hat. Die Zentralbank darf die Mindestreserve vorschreiben. Sie versucht so, die Geldmenge zu limitieren. Mindestreserve 1% heißt, für 100 € neu geschaffenes Giralgeld muß die Bank 1 € Sicherheiten bei der Zentralbank hinterlegen. 

Grenzen der Geldschöpfung - es gibt keine!
In den Lehrbüchern der Volkswirtschaftslehre beschreibt man die Geldschöpfung der Banken durch Kredite als eine Angelegenheit, welche innerhalb strikter Grenzen geregelt ist. Leider ist dies in der Realität nicht der Fall, keine einzige Regel schränkt die Ausweitung der Geldmenge wirksam ein. Kreative Banker sind Meister in der Entwicklung eleganter Methoden, um sich in ihrem Elan nicht ausbremsen zu lassen. Ein berühmt-berüchtigtes Beispiel sind die US-amerikanischen Immobilien Subprimekredite, die als Wertpapiere gehandelt werden. Klarsichtige Banker sind sich deswegen bewußt, dass die einzige Grenze in der Geldschöpfung die Nachfrage nach Kredit ist von Schuldnern, welche sie selbst für kreditwürdig halten.

Was soll daran falsch sein?
Das Problem dieses Systems ist, dass es Banken dazu provoziert, Exzesse systematisch zu verstärken, zum Beispiel durch überschießende Kreditgewährung und Geldschöpfung. Es schafft Spekulationsblasen auf dem Immobilienmarkt (vor kurzem in den USA, Spanien, Irland, Großbritannien, vor längerem in Japan), dem Aktien-, Rohstoff-, Erdöl- und anderen Märkten. Die Kundenberater der Banken bearbeiten ihr Publikum in euphorischen Phasen, jetzt müsse man Kredite aufnehmen, investieren, um Geld zu machen. Neue Kredite und mehr Giralgeld entstehen, die Bankbilanzen blähen sich auf, das Publikum kauft mehr und mehr nicht-produktive Sachwerte (Häuser, Land, Gold, Silber, Aktien, andere Währungen...) in der Gewissheit, diese später zu höheren Preisen zu verkaufen, Geld zu machen. Je mehr Geld in Umlauf kommt und kaufen will, umso höher steigen die Preise der knappen Sachwerte, die sich leider nicht wie Giralgeld herbeizaubern lassen, sonst wären wir im Schlaraffenland. So steigen die Preise von Grund und Boden, von Häusern, Gold, Aktien, Rohstoffen...etc. Käufer und Bankmanager meinen, immer reicher zu werden. Die Euphorie wächst und breitet sich aus wie ein Buschfeuer. Immer mehr Kredite, immer mehr Giralgeld, immer höhere Preise für die Sachwerte, noch mehr risikovergessene Euphorie, noch mehr Kredite, noch mehr Giralgeld.... So entsteht "eine sich selbst erfüllende Prophezeihung". Dies sind riesige Spekulationsblasen, die bei ihrem Platzen verarmte Schuldner, insolvente Banken und hochverschuldete Staaten zurücklassen. Darauf folgen Angst vor dem kleinsten Risiko, panikartige Kündigung von Krediten, rasante Kontraktion der umlaufenden Giralgeldmenge. Das Publikum kauft weniger Güter, Firmen mangelt es an Aufträgen, sie kündigen ihren Mitarbeitern, viele Firmen gehen pleite, die Arbeitslosigkeit wächst, der Staat nimmt weniger Steuern ein, seine Schuldenlast wächst, Staatsausgaben werden reduziert... Die Abwärtsspirale ist in Gang gesetzt. Aus der Überschuldungskrise der Banken entwickelt sich eine allgemeine Wirtschaftskrise.

Dies ist die direkte Konsequenz unseres Geldsystems der unkontrollierten Giralgeldvermehrung und -zerstörung durch Geschäftsbanken, die nicht dem Gemeinwohl verpflichtet sind. Es ist eben nicht so, wie es die meisten Menschen -selbst Wirtschaftswissenschaftler- zu wissen meinen, dass Banken auf ihnen anvertraute Ersparnisse angewiesen sind, um Kredite zu vergeben. Die meisten Bürger haben völlig falsche Vorstellungen über das Funktionieren unseres Geld- und Banksystems. Dies englischsprachige Lehrvideo mit deutschen Untertiteln erklärt auf beeindruckend klare Weise, wie unser Banksystem tatsächlich funktioniert:    http://www.positivemoney.org/how-money-works/banking-101-video-course/ 


Gibt es eine Alternative?
Aber selbstverständlich. Es ist das Vollgeld-System, in der allein von der Zentralbank geschaffenes gesetzlich vollwertiges Geld zirkuliert. Das Banksystem bietet -so wie schon jetzt- die Infrastruktur für den unbaren Zahlungsverkehr. Im Unterschied zu jetzt, besitzen die Bankkunden ihr Giralgeld tatsächlich, was heute nicht der Fall ist. Jetzt ist Giralgeld Teil der Bankbilanz und Eigentum der Bank. Als Kunde habe ich allein eine Forderung an die Bank, dass sie mir das Guthaben auf meinem Girokonto auf Anforderung in Bargeld (Banknoten, Münzen) auszahlt. Wie viel dies Versprechen in einer Krisensituation wert ist, verspürten in 2013 die Kontoinhaber zyprischer Banken. Neue Kredite weiten im Vollgeldsystem die Bankbilanz nicht mehr aus, getilgte Kredite lassen sie nicht mehr schrumpfen. Das System ist stabil. Denn Banken können Darlehen nur noch mit Vollgeld abgeben, welches ihnen Sparer, Versicherungen, Fonds etc. vorher zu festen Terminen vertraglich überlassen haben. In diesem System versorgt die Zentralbank die Öffentliche Hand mit frisch erschaffenem Geld, erteilt ihr zins- und tilgungsfreie Kredite im Rahmen des realen wirtschaftlichen Wachstums. Die Rückkehr in diese Geldordnung, welche dem gesunden Menschenverstand entspricht, diskutieren Politiker und Meinungsführer erstaunlicherweise selbst in unseren krisengeschüttelten Zeiten kaum, obwohl sie von den bedeutendsten Nationalökonomen immer wieder gefordert wurde, obwohl allein die Zinslast der Staatsverschuldung pro Kopf der Bevölkerung gegenüber den Geschäftsbanken in Deutschland ca. 800 € pro Jahr (2011) beträgt, obwohl das derzeitige System den Geschäftsbanken noch einmal mindestens die Hälfte dieser Summe pro Jahr an "Gewinnen ohne Leistung" durch die Überlassung des Geldschöpfungsprivilegs schenkt.

2010 sagte Mervyn King, Chef der Bank of England, in einer aufsehenerregenden Rede: "die richtige Reform besteht in der funktionellen Trennung zwischen Geld- und Kreditschöpfung." Dann weiter: "von den vielen Arten das Bankwesen zu organisieren, ist das heutige eines der schlechtesten." Wem sonst, wenn nicht dem Chef der ältesten Zentralbank der Welt, soll man Glauben schenken?

Giralgeldschöpfung in öffentliche Hand, der Verein "Monetative"
Der Verein "Monetative"  www.monetative.de setzt sich mit folgender Initiativerklärung für eine Geldreform ein: " Die Wurzel der aktuellen Banken- und Staatsschuldenkrise liegt im Geldsystem. Die finanziellen Gründe der Krise haben eine gemeinsame monetäre Ursache: die sog. multiple Giralgeldschöpfung durch die Banken. Sie dient heute vor allem der Aufhebelung von Geldanlagen und fördert damit Spekulationsblasen ebenso wie Inflation und die Überschuldung vieler Beteiligter, nicht zuletzt die des Staates und der Banken selbst. Finanz- und Realwirtschaft können nur funktionieren auf der Grundlage einer stabilen und gerechten Geldordnung. Deshalb setzen wir uns ein für
1. die Wiederherstellung des staatlichen Vorrechts der Geldschöpfung in der Verantwortung der Zentralbank
2. die Beendigung jeglicher Bankengeldschöpfung
3. die Inumlaufbringung neuen Geldes durch öffentliche Ausgaben. 

Zur Vertiefung in dies Thema schrieb Professor Huber, einer der Initiatoren des Vereins "Monetative" diesen lesenswerten Aufsatz zur Reform unserer Geldordnung: 
 http://www.inwo.ch/PDF/broschure-vollgeld-und-monetative-aug-2009.pdf


Die Deutsche Bundesbank zur Giralgeldschöpfung
"In der Wirtschaft wird ein Großteil der Zahlungen nicht in bar, sondern durch Umbuchung von Sichteinlagen von einem Geschäftsbankenkonto zum anderen geleistet. Die Sichteinlagen fließen beispielsweise vom Konto des Arbeitgebers zum Konto des Arbeitnehmers und von dort zu den Konten des Vermieters oder einer Versicherung. Aber wie ist dieses Giralgeld entstanden? Der Vorgang entspricht der Entstehung von Zentralbankgeld: In der Regel gibt die Geschäftsbank einem Kunden einen Kredit und schreibt ihm den entsprechenden Betrag auf dessen Girokonto gut. Wird dem Kunden ein Kredit über 1.000 Euro gewährt (z. B. Laufzeit 5 Jahre, 5 %), erhöht sich die Sichteinlage des Kunden auf seinem Girokonto um 1.000 Euro. Es ist Giralgeld entstanden bzw. wurden 1.000 Euro Giralgeld geschöpft. Die Giralgeldschöpfung ist also ein Buchungsvorgang. Der Kunde kann den gutgeschriebenen Betrag dann für Überweisungen nutzen oder auch in bar abheben.Geschäftsbanken schaffen Geld durch Kreditvergabe". So die Worte der Deutschen Bundesbank. 


Geld, Zins und Zinseszins
Die Bundesbank erklärt die Giralgeldschöpfung am Beispiel eines Kredits über 1000 Euro, Laufzeit 5 Jahre, Zinsen 5%. Bei Krediteröffnung entstehen 1000 Euro Giralgeld, bei vollständiger Tilgung werden 1000 Euro Giralgeld zerstört. So weit so gut. Stellt sich die Frage:"woher kommt das Geld für die Zinsen, immerhin 250 € ? Wird es auch zerstört?" Offensichtlich nicht. Müssen die Banken immer neue Schuldner finden, um immer mehr Geld zu schaffen, damit Zinsen und Zinseszinsen gezahlt werden können; denn ohne Schuld kein Geld? Müssen Zinsen und  Zinseszinsen nicht zwangsläufig zu einer Erhöhung der Geldmenge und Anhäufung der Geldvermögen in wenigen Händen führen?


Geld ohne Schuld und ohne Zins
Mit unserer aktuellen Geldordnung, in welchem Geld, Kredit und Zinsen vermengt sind, versklaven wir uns offensichtlich selbst. Wir haben Zins und Zinseszins zu erarbeiten, welcher sich wachsend in wenigen Händen anhäuft. Täglich bearbeiten uns Fernsehen, Rundfunk und Zeitungen mit den neuesten Meldungen von der großen Krisenfront, der Finanzkrise, der Schuldenkrise, der Eurokrise... Und die meisten von uns ahnen nicht einmal, dass wir uns unsere Tretmühle mit unserem Geldsystem selbst geschaffen haben.

Die Automatisierte Universelle Transaktionssteuer
Geldgeschäfte machen ca. 85% aller weltweiten Transaktionen aus. Sie werden derzeit nicht besteuert. Durch den technischen Fortschritt der Automatisierung der Bankentransaktionen, der fehlenden Besteuerung und Regulierung ist ein Spekulationsungeheuer entstanden, welches das Funktionieren des internationalen Finanzwesens und der produzierenden, realen Ökonomie immer schneller in immer tiefere Krisen stürzt und zu einem Totalzusammenbruch der Weltwirtschaft führen kann.
Einen praktizierbaren Ausweg aus dieser Situation zeigt seit etwa 20 Jahren der deutsch-amerikanische Wirtschaftswissenschaftler Edgar L. Feige von der University of Wisconsin-Madison auf. Er schlägt vor, in kleinen Schritten das jetzige hochkomplizierte, ungerechte Steuersystem der entwickelten Volkswirtschaften, welches Einkommen aus Arbeit stark besteuert und die Besteuerung von Kapitaleinkommen vernachlässigt, durch eine Automatische Universelle Transaktionssteuer (APT Tax = automated payment transaction tax) zu ersetzen. Eine Universelle Transaktionssteuer besteuert alle Geldtransaktionen, zum Beispiel ein Scheck, den ich bei der Bank einreiche, oder wenn Banken untereinander mit Devisen handeln, oder wenn ich Geld am Automaten von meinem Konto abhebe. Der Einzug der Steuer geschieht automatisch und anonym bei jeder Transaktion mit einem Niedrigsatz von weit unter 1%.
Hiermit würde dem derzeitigen Wahnsinn der internationalen automatisierten Finanzspekulation radikal Einhalt geboten. Derzeit wird der Produktionsfaktor Arbeit mit ca. 40% und mehr besteuert, Zwansabgaben eingerechnet, dagegen Geldtransaktionen überhaupt nicht. Dies System hat weltweit zu einer Verarmung der Arbeitenden und zu einer ungeheuren Bereicherung der Kapitalbesitzer (Spekulanten) geführt. Heute wird "Geld gemacht" mit Spekulation, nicht mit Arbeit.
Wenn sich die Banken mit dem Geld ihrer Kunden verspekuliert haben, werden sie derzeit belohnt, indem ihre Risiken und diejenigen ihrer Kunden vom Staat aufgekauft = vergesellschaftet werden (Bankenrettungspaket, Euro-Rettungspaket etc.). Mit einer Automatisierten Universellen Transaktionssteuer würden die Kapitalressourcen wieder in langfristige, produktive Investitionen geleitet zum Nutzen aller Bürger, insbesonders derjenigen, die von ihrer Arbeit leben. Eine solche Universelle Transaktionssteuer wäre auch dann wirkungsvoll, wenn sie allein in der Eurozone eingeführt würde. Es ist nicht damit zu rechnen, dass die USA und Großbritannien mitziehen; denn Wallstreet und die City of London wären die großen Verlierer.
Zur Zeit beherrscht zerstörerische Spekulation die Weltwirtschaft. Wollen wir, dass dies so bleibt? In der Wirtschaftszeitschrift "brandeins" erschien im Januar 2009 ein Interview mit Professor Feige zu diesem Thema: www.brandeins.de/archiv/magazin/wirtschaft-neu/artikel/weniger-bringt-mehr.html .








Ein Blog von Frank Linnhoff
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